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Denkmal des Monats

Dezember 2020 - Kirchenruine - Küssow, Wiesenstraße


Küssow (Ortsteil der Vier-Tore-Stadt Neubrandenburg) wird zum ersten Mal 1170 in der wahrscheinlich gefälschten Stiftungsurkunde des Klosters Broda erwähnt. Die heute noch als Ruine erhaltene Kirche wurde wohl um 1300 als schlichter, rechteckiger Feldsteinbau errichtet. Eine Besonderheit stellen die gänzlich unverzierten Feldsteingiebel der Kirche mit einer imposanten Mauerstärke von etwa 1,25 Meter dar. Backsteine wurden hingegen lediglich in ausgewählten Bereichen, wie den Zwillingsbögen, den Fensterschrägen, der Priesterpforte und den sich noch in Resten andeutenden Giebelfialen verwendet.

Im Zuge der Belagerung Neubrandenburgs durch Tilly im Dreißigjährigen Krieg wurde das Dorf Küssow mitsamt Kirche zerstört. Gottesdienste fanden seit 1636 nicht mehr statt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der desolate bauliche Zustand der Kirche erneut dokumentiert, sodass die Ruine 1885 für 880 Mark von der Kirche auf Abbruch verkauft, jedoch vom Landesherrn erstanden und erhalten wurde.

Seit 1991 ist die Friedensgemeinde in der Oststadt (Neubrandenburg) für die Kirchenruine zuständig, die auch die erneute Sicherung des Objektes im Jahr 1999 initiierte. Zuletzt neigte sich der Westgiebel der Kirche aus
dem Lot. Neben dem Einbau eines Ringankers zur statischen Sicherung wurde die Kirche wieder begehbar gemacht und vom Efeu befreit.

November 2020 - Kino »Filmpalast« (aus der Denkmalliste gestrichen am 12.06.2007) - Stargarder Tor 2


Erste Vorführungen „lebender Photographien“ fanden in Neubrandenburg ab 1899 im Schützenhaus auf dem Wall zwischen heutiger Turmstraße und Neuem Tor und kurze Zeit später auch im Konzerthaus, östlich des Stargarder Tores, statt. 1909 eröffnete im Schützenhaus das erste Lichtspiel-Theater, 1912 ein weiteres in der Pontanusstraße, Ecke Eisenbahnstraße, welches ab 1921 unter dem Namen „Thalia-Theater“ bekannt wurde.

Im Verlauf der 1920er Jahre eroberte der Film die Welt. Die Filmbegeisterung ging auch an Neubrandenburg nicht spurlos vorbei und führte im Jahr 1928 zur Errichtung eines eigenen Kinogebäudes westlich des Stargarder Tores. Zwischen dem Abriss jenes Gebäudes und der feierlichen Eröffnung des Filmpalastes am 19.10.1928 verging gerade einmal ein halbes Jahr. Film- und Vorführtechnik sowie die Einrichtung des Gebäudes genügten den modernsten Ansprüchen, während die Gestaltung der Gebäudehülle in der charakteristischen Formensprache der 1920er Jahre Bezug auf das Stargarder Tor nahm.

Im Oktober 2001 wurde das Kino nach mehr als 70 Jahren Betrieb aus Rentabilitätsgründen geschlossen. Als das Gebäude im Winter 2002 einem Brand zum Opfer fiel, hatten sich bereits neue Eigentümer gefunden, die ursprünglich einen Veranstaltungsort für Live-Musik etablieren wollten. Eine Streichung aus der Denkmalliste ist erst nach dem Abbruch des geschichtsträchtigen Hauses im Jahr 2007 erfolgt.

Archiv - Denkmal des Monats 2020

Januar 2020 - Villa - Windbergsweg 12


In der nördlichen Spitze des Kulturparks und in unmittelbarer Nähe zu Neustrelitzer Straße, Stargarder Tor und Linde befindet sich die charakteristische Villa unter der Adresse Windbergsweg 12 mit ihrem beinahe quadratischen Grundriss und dem hohen Mansarddach. Markant sind insbesondere die ausladende Freitreppe und der zweigeschossige Eingangsbereich mit seinem Dreiecksgiebel und den vier Pilastern auf der Westseite des Gebäudes. Hier verbirgt sich im Gebäudeinneren das Treppenhaus mit einer wertvollen Buntverglasung von einem Berliner Hersteller (J. C. Spinn & Co.).

Errichtet wurde das Gebäude zwischen 1913 und 1915 durch Maurermeister Greuel für eine Bausumme von 40.000 Mark. Zunächst bewohnte die Witwe Walli Teßnow das Haus, ab Ende der 1920er Jahre kann dann der Brauereidirektor Richard Engelhardt (später a. D.) als Eigentümer nachgewiesen werden. Nachdem das Haus nach 1945 noch einige Zeit zu Wohnzwecken genutzt wurde, diente es erst als eines von vier Internatsgebäuden der EOS, in den 1960er Jahren als Zahnarztpraxis von Dr. Norbert Wagner und von 1974 bis zur Wende wurde es als „Haus der deutsch-sowjetischen Freundschaft“ genutzt. Neben dem sogenannten Karelienkabinett, einem Informationszentrum über die sowjetische Partnerregion, gab es Veranstaltungsräume, in denen Vorträge, Ausstellungen und auch Teeabende am Samowar im Sinne der politisch-ideologischen Erziehung stattfanden. Heute befindet sich die Villa in Privateigentum und dient als Bürogebäude.

Februar 2020 - Belvedere und Platz- und Treppenanlage - Brodaer Holz


Am Nordwestufer des Tollensesees befindet sich auf einem Plateau in Broda ein Gebäude, das seinem Namen alle Ehre macht: das Belvedere. Denn Belvedere (ital., franz. Bellevue), bedeutet so viel wie schöne Aussicht. Bereits 1775 ließ Herzog Adolf Friedrich IV. an dieser Stelle ein Sommerhaus nebst Baracken für die Dienerschaft errichten. Dieses Gebäude wurde jedoch nach seinem Tod bereits 1794 wieder abgebrochen. Ein Privatmann erwarb den einstöckigen Fachwerkbau mit Satteldach und errichtete ihn unverändert in der Beguinenstraße, wo er bis ins 20. Jahrhundert hinein von der Freimaurerloge genutzt wurde.

Das heutige Gebäude wurde 1823 nach Plänen von Friedrich Wilhelm Buttel auf Wunsch der Großherzogin Marie in Form eines griechischen Tempelchens (Prostylos) errichtet. Ursprünglich soll der Bau eine gelbliche Farbe gehabt haben und war in einen Saal und eine kleine Küche mit Nebenraum aufgeteilt. Die seitliche Öffnung des Gebäudes erfolgte erst im Rahmen des Umbaus zum Ehrenmal für die Gefallenen des Landes Stargard zu Beginn der 1930er Jahre durch Heinrich Tessenow. Mitte der 1970er Jahre war nach Jahren des Verfalls eine umfassende Sanierung mit Ausbau zum Veranstaltungsort geplant. Es blieb jedoch zunächst bei einer Sicherung des Gebäudes, dessen Öffnungen im Anschluss wieder vermauert und der Raum als Lager an eine Privatperson vermietet wurde. Im Zuge der letzten Sanierung Mitte der 1990er Jahre wurden die Seitenwände erneut geöffnet und der Ort wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.

März 2020 - Kulturpark und Parkanlage mit Skulpturen zwischen Stadtkern und Tollensesee


Bis heute neigen tiefer gelegene Flächen im Kulturpark noch schnell zum Vernässen nach starkem Regenfall. Man kann sich also gut vorstellen, dass dieses Gebiet am nördlichen Seeufer, der Werderbruch, im Mittelalter ein mooriges Gelände und somit ein natürlicher Schutz vor Angriffen aus dem Süden war. Mit Errichtung des Schlosses in Hohenzieritz wurde der Landschaftsraum um den Tollensesee ab Ende des 18. Jahrhunderts erstmals ganzheitlich im Sinne einer Parklandschaft betrachtet. Davon zeugen das Belvedere als weithin sichtbare Landmarke und der 1820 angelegte Repräsentantenweg. Erste gezielt gepflanzte Bäume aus dieser frühen Zeit der Anlage sind bis heute erhalten.

Nachdem der Werderbruch nach 1945 zunächst der Entsorgung von Trümmerschutt aus der zerstörten Innenstadt diente, enthielt bereits der Flächennutzungsplan von 1956 erste Aussagen zu einer gezielten Gestaltung eines Parks. In der Folgezeit waren die Entwürfe und Studien von Hilmar Ziegenrücker, Roland Hahn und Heinrich Krebber für das ca. 35 ha große Areal inhaltlich und gestalterisch mehrfachen Änderungen unterworfen, bis die Ausführung unter großer Beteiligung der Bevölkerung um 1982 abgeschlossen war. Der Kulturpark als Weiterentwicklung aus den Volksparkanlagen und der Reformbewegung des beginnenden 20. Jahrhunderts hat heute mit seiner prägenden und weitestgehend authentischen Zeitschicht der 1970er und 80er Jahren Seltenheitswert. Typische Elemente seiner Entstehungszeit, wie der Verkehrsgarten, die Tiergehege, Skulpturen, Spielgeräte oder charakteristische Materialien sowie die zum Hauptraum orientierten Themengärten sind bis heute erhalten geblieben.

April 2020 - Stadtbefestigung mit Stadtmauer, Wallanlage

Die mittelalterliche Stadtbefestigung von Neubrandenburg mit ihren vier Toranlagen ist aufgrund der Vollständigkeit ihrer Erhaltung heute ein Kulturdenkmal mit überregionaler Bedeutung und identitätsstiftend für die Vier-Tore-Städter. Rings um die Stadtmauer erstreckt sich die Wallanlage mit ihren zwei Wällen und drei Gräben als beliebtes Ziel für die Naherholung, als Heimat vieler Tier- und Pflanzenarten und als Lärmschutz zwischen Innenstadt und Friedrich-Engels-Ring.

Errichtet wurde die Wallanlage im 14. Jahrhundert im Zuge der Befestigung der Stadt. Um ihrer Verteidigungsfunktion gerecht zu werden, wurden Gräben und Wälle von Vegetation zunächst freigehalten. Als die Stadt jedoch im 17. Jahrhundert ihren Festungscharakter aufgab, wurde der Wall zunehmend wirtschaftlich für Viehhaltung (Schweinemast) genutzt. Durch den Einfluss des 1877 gegründeten Verschönerungsvereins wandelte sich die Wallanlage durch die Abschaffung der Beweidung, das Anlegen geschwungener Wege, Neupflanzung und das Aufstellen von Denkmalen zum Park, der jedoch im 20. Jahrhundert verwilderte und in den 1990er Jahren in Teilen einem natürlich gewachsenen Wald glich.

Ab 1996 erfolgte schrittweise die denkmalgerechte Sanierung der Wallanlage, die alle zeitlichen Entstehungsschichten berücksichtigt. Von den vom 18. bis ins 20. Jahrhundert auf dem Wall entstandenen Bauten sind heute nur noch die charakteristischen Freiflächen mit dazugehöriger Baumpflanzung übrig.

Mai 2020 - Kindergarten, Darrenstraße 15

In der Darrenstraße, deren Name sich von der städtischen Darre (Scheune) ableitet und in der noch bis 1815 Tabak getrocknet wurde, befindet sich nahe des Fangelturms ein weiteres Gebäude, welches den Zweiten Weltkrieg überstanden hat. Der neugotische Backsteinbau in der Darrenstraße 15 beherbergt heute den evangelischen Kindergarten „Regenbogenhaus“. Nicht nur das Haus selbst, sondern auch seine Nutzung haben inzwischen über 120 Jahre überdauert und konnten im Jahr 1998 ihr 100-jähriges Bestehen feiern.

Bereits 1846 stellten Pastor Kühne, Kaufmann Hagemann und Stellmachermeister Petschler den Antrag an die Stadt, eine Einrichtung zur Kinderbetreuung einzurichten. Nachdem sich diese dann zunächst ab 1877 in der Großen Wollweberstraße befand, wurde im Jahr 1898 das Gebäude in der Darrenstraße mit 3.000 Mark privaten Spenden von Frau von Bredow und einem Kredit der Ersparnisanstalt in Höhe von 20.000 Mark eigens als „Kleinkinderbewahranstalt“ errichtet. Von nun an besuchten 90 bis 100 Kinder täglich die Einrichtung.

Bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden erste „Kleinkinder-Schulen“ bzw. „Aufbewahrungsanstalten“ dieser Art in Europa eingerichtet. Ein erster „Kindergarten“ wurde 1840 durch den Pädagogen Friedrich Fröbel in Blankenburg in Thüringen eröffnet. Er erkannte die Bedeutung der frühen Kindheit für die Entwicklung und erarbeitete ein pädagogisches Konzept.

Juni 2020 - Vierrademühle, Jahnstraße 3


Der aus Fachwerk- und Backsteinbauten bestehende Gebäudekomplex der Vierrademühle am Unterbach vor dem Treptower Tor ist schon kurz nach der Stadtgründung Neubrandenburgs, erstmals 1271, urkundlich erwähnt. Die acht erhaltenen Gebäude stammen überwiegend aus der Zeit des 18. und 19. Jahrhunderts.

Die Kornmühle steht mit der Stadtgründung im Zusammenhang – so geht die Errichtung auf Bernhard, den Sohn Herbords (von Raven), zurück. Nachdem die Besitzverhältnisse mehrfach wechselten, ging die Mühle im Jahr 1705 an Martin Meincke, der sie an seinen Schwiegersohn Christian Moncke vererbte. Bis 1953 wurde die Vierrademühle nun von der Müllerfamilie bewirtschaftet, danach wurde sie als VEB Mühlenwerke Neubrandenburg ins Volkseigentum der DDR überführt. Noch 1948 wurde die Mühle vollständig durch
Wasserkraft angetrieben und konnte innerhalb von 24 Stunden 25 Tonnen Getreide verarbeiten.

In den Folgejahren wurde immer wieder modernisiert, wobei mit der Umstellung in den späten 1960er Jahren auf den Betrieb mit Fremdstrom sicherlich eine der größten Veränderungen stattfand.

Nach der Wende erfolgte die Rückübertragung der Gebäude an die Familie Moncke, die die Vierrademühle noch bis Ende der 1990er Jahre betrieb. Ein neuer Eigentümer sanierte den Komplex und führte die Gebäude einer neuen Nutzung zu, wobei jedoch leider die bis dahin vorhandene Mühlentechnik verloren ging.

Heute findet man hier eine lebendige Mischung aus Gastronomie, Dienstleistung, Wohnen und Gewerbe.

Juli 2020 - Schauspielhaus, Pfaffenstraße 20/22


Nachdem Adolf Friedrich IV. (1738 – 1794) im Jahr 1775 zur Sommerresidenz erwählte, sorgte der baulustige Herzog in der Stadt nicht allein für den Bau eines fürstlichen Wohnsitzes, sondern auch für ein Schauspielhaus. Die Errichtung des heute erhaltenen spätbarocken Fachwerkbaus mit Mansarddach, einem der ältesten Theaterbauten Mecklenburgs, erfolgte wahrscheinlich 1793/94.
Bereits kurz nach dem Tod Adolf Friedrichs IV. löste dessen Bruder Herzog Carl II. (1741 – 1816) das Hoftheater aus Kostengründen auf, sodass das Schauspielhaus bis 1894 von Wandertruppen bespielt wurde. Der Arzt Dr. Merker richtete hier eine „Heilanstalt für Bewegungskuren“ ein. Den zweiten Weltkrieg überstand das Haus nahezu unbeschadet. In den Folgejahren wurde das Gebäude unterschiedlich genutzt (Vulkanisierungs-Werkstatt, PGH-Modewerkstätten, Freikirchliche Gemeinde, Mopedwerkstatt).

Der bauliche Zustand verschlechterte sich zusehends. Im Vorfeld der Sanierung wurde eine Wiederannä-herung an das ursprünglich barocke Erscheinungsbild des im 19. Jahrhundert teilweise überformten Baus thematisiert. Erhalten bleiben sollte aus städtebaulichen Gründen das kleine Erkertürmchen mit Zeltdach an der Behmenstraße. Diese Haltung änderte sich im Zuge der Sanierung Anfang der 1990er Jahre und der Erker wurde abgerissen. Nach Abschluss der umfangreichen Baumaßnahmen zog hier 1994 das Kammertheater der Stadt Neubrandenburg ein.

August 2020 - Hochhausensemble mit Kaufhalle und Kindereinrichtung - Neustrelitzer Straße


Eintragung in die Denkmalliste: Neustrelitzer Straße, Hochhausensemble mit Kaufhalle und Kindereinrichtung

Die Denkmalliste der Vier-Tore-Stadt Neubrandenburg ist um ein großes Objekt reicher geworden: das Hochhausensemble mit Kaufhalle und Kindereinrichtung an der Neustrelitzer Straße. Entlang der als Magistrale ausgebauten und leicht geschwungen geführten früheren F 96 bzw. Leninstraße reihen sich die vierzehn- und elfgeschossigen Wohnblöcke in WBS-70-Bauweise in abwechslungsreicher Anordnung aneinander. Verlässt man die Stadt in Richtung Süden, blickt man auf die fensterlosen Nordgiebel der Gebäude, die mit insgesamt vier monumentalen Wandbildern aus weißen und roten keramischen Platten aus Meißner Produktion auf roten und grauen Betonplatten von dem Künstler Wolfram Schubert (* 1926) gestaltet wurden. Das zu Beginn der 1980er Jahre unter Federführung von Iris Grund, Günter Gisder, Manfred Hartung und Ingeborg Knipper (Freiflächen) für circa 3.000 Einwohner errichtete Wohngebiet mit nach Westen geöffneten Wohnhöfen und Funktionsunterlagerungen in den Erdgeschossen und dazugehöriger Kita sowie Kaufhalle ist in seinem Gesamteindruck bis heute erhalten geblieben und stellt somit ein authentisches Zeugnis seiner Entstehungszeit dar. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten und Schönheit ist kein denkmalpflegerischer Bewertungsmaßstab, vielmehr geht es jedoch um das dokumentarische Bewahren gesellschaftlicher Erinnerungen in gebauter Form. Eingeschlossen werden davon nicht nur Schlösser, Kirchen und Fachwerkgebäude, sondern auch Objekte, die sich zunächst gegen einen gängigen Schönheitsbegriff sperren oder eine unbequeme Phase unserer Geschichtsschreibung, wie beispielsweise das Dritte Reich, dokumentieren: „[…] Geschichte à la carte, die Geschichte zum Aussuchen […], das kann nicht das Ziel sein. Es ist immer Sache der Denkmalpflege gewesen, dass es bei ihr primär um Geschichte ging und nicht primär um Ästhetik.“ (Norbert Huse) So dokumentieren die Bauten unter anderem auf eindrucksvolle Weise Lebens- und Wohnbedingungen der Neubrandenburgerinnen und Neubrandenburger zu DDR-Zeiten, Realisierung politischer Vorgaben des Wohnungsbaus, bau- und materialtechnische Möglichkeiten, Kunst am Bau und den Städtebau der 1980er Jahre.

September 2020 - Kaufhaus - Kaufhof / Stargarder Straße 19


Eine erste Karstadt-Filiale eröffnete in Neubrandenburg im Jahr 1888 in der Nähe des Treptower Tores und zog 1928 in einen markanten, viergeschossigen Neubau auf der Ostseite des Marktplatzes. Zwar trug der Bau von dem Stadtbrand 1945 ebenfalls Schäden davon, jedoch hat der bis in die frühen 1960er Jahre andauernde Abriss wohl mehr Geld verschlungen, als die Wiederherstellung für ein neues Warenhaus bedurft hätte. Die Unbeliebtheit des „Betonkastens“ wird wohl ein wesentlicher Grund für die Errichtung eines neuen Warenhauses in den Jahren 1957 bis 1960 in direkter Nachbarschaft gewesen sein.

Das dreigeschossige Warenhaus nach Entwürfen von Dietrich Barthel und Hans Steidl (Innengestaltung) mit seinem lichten und zum Marktplatz hin geöffnetem Erdgeschoss und hohem Walmdach kommt ohne übersteigerte historische Gestaltung aus, nimmt jedoch Bezug auf die ursprüngliche Planung des Platzes mit weiteren Arkadengängen. Zunächst befand sich im Erdgeschoss sogar ein Auto-Salon, der jedoch 1967, als das Haus zum Centrum-Warenhaus wurde, einer Lebensmittelhalle wich. 1990 wurde das Kaufhaus kurzzeitig von Karstadt betrieben, ging dann 1991 jedoch an die Kaufhof Warenhaus AG, die das Kaufhaus 1991 mit 5.500 qm Verkaufsfläche wiedereröffnete und in den Folgejahren fortwährend modernisierte. Die aktuelle Entscheidung für die Schließung der Filiale in Neubrandenburg ist neben vielerlei Gründen auch aus denkmalpflegerischer Sicht ein Verlust. Denkmale können langfristig am besten durch eine Nutzung erhalten werden. Deshalb freuen wir uns über die zukünftige Entwicklung.

Oktober 2020 - Große Wollweberstraße 1 - 49 - Straßenzug (mit Ausnahme Nr. 4 - 16 gerade)


Die Große Wollweberstraße war bereits vor der politischen Wende als Ensemble nach dem Denkmalschutzgesetz der DDR geschützt. Per Einigungsvertrag im Jahr 1990 blieb der Großen Wollweberstraße dieser Denkmalschutzstatus auch im vereinten Deutschland erhalten.

Die Große Wollweberstraße ist einer der wenigen Straßenzüge, die die Zerstörung der Neubrandenburger Innenstadt am Ende des Zweiten Weltkrieges nahezu unbeschadet überstanden haben und somit bis heute mit ihren Gebäuden des 18. und 19. Jahrhunderts authentisch Zeugnis über die historische Bebauung Neubrandenburgs in zusammenhängender Weise ablegen. Nicht nur die Gebäude mit straßenseitigen Haupt- und rückseitigen Nebengebäuden, sondern auch die Parzellen sind mit ihren verschiedenen Größen erhalten geblieben und dokumentieren historische Besitzverhältnisse und Sozialstrukturen.

Im Spätmittelalter war die Straße hauptsächlich von Handwerkern, insbesondere von Wollwebern, und Kleinbauern bewohnt, die den 1440 bereits verfüllten Wollwebergraben als Brauchwasser für ihr Gewerbe nutzten.
Daraus erklärt sich auch die bis heute erlebbare verhältnismäßig große Breite der Straße, die zum damaligen Zeitpunkt keine Durchgangsstraße war.

November 2020 - Kino »Filmpalast« (aus der Denkmalliste gestrichen am 12.06.2007) - Stargarder Tor 2


Erste Vorführungen „lebender Photographien“ fanden in Neubrandenburg ab 1899 im Schützenhaus auf dem Wall zwischen heutiger Turmstraße und Neuem Tor und kurze Zeit später auch im Konzerthaus, östlich des Stargarder Tores, statt. 1909 eröffnete im Schützenhaus das erste Lichtspiel-Theater, 1912 ein weiteres in der Pontanusstraße, Ecke Eisenbahnstraße, welches ab 1921 unter dem Namen „Thalia-Theater“ bekannt wurde.

Im Verlauf der 1920er Jahre eroberte der Film die Welt. Die Filmbegeisterung ging auch an Neubrandenburg nicht spurlos vorbei und führte im Jahr 1928 zur Errichtung eines eigenen Kinogebäudes westlich des Stargarder Tores. Zwischen dem Abriss jenes Gebäudes und der feierlichen Eröffnung des Filmpalastes am 19.10.1928 verging gerade einmal ein halbes Jahr. Film- und Vorführtechnik sowie die Einrichtung des Gebäudes genügten den modernsten Ansprüchen, während die Gestaltung der Gebäudehülle in der charakteristischen Formensprache der 1920er Jahre Bezug auf das Stargarder Tor nahm.

Im Oktober 2001 wurde das Kino nach mehr als 70 Jahren Betrieb aus Rentabilitätsgründen geschlossen. Als das Gebäude im Winter 2002 einem Brand zum Opfer fiel, hatten sich bereits neue Eigentümer gefunden, die ursprünglich einen Veranstaltungsort für Live-Musik etablieren wollten. Eine Streichung aus der Denkmalliste ist erst nach dem Abbruch des geschichtsträchtigen Hauses im Jahr 2007 erfolgt.

Dezember 2020 - Kirchenruine - Küssow, Wiesenstraße


Küssow (Ortsteil der Vier-Tore-Stadt Neubrandenburg) wird zum ersten Mal 1170 in der wahrscheinlich gefälschten Stiftungsurkunde des Klosters Broda erwähnt. Die heute noch als Ruine erhaltene Kirche wurde wohl um 1300 als schlichter, rechteckiger Feldsteinbau errichtet. Eine Besonderheit stellen die gänzlich unverzierten Feldsteingiebel der Kirche mit einer imposanten Mauerstärke von etwa 1,25 Meter dar. Backsteine wurden hingegen lediglich in ausgewählten Bereichen, wie den Zwillingsbögen, den Fensterschrägen, der Priesterpforte und den sich noch in Resten andeutenden Giebelfialen verwendet.

Im Zuge der Belagerung Neubrandenburgs durch Tilly im Dreißigjährigen Krieg wurde das Dorf Küssow mitsamt Kirche zerstört. Gottesdienste fanden seit 1636 nicht mehr statt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der desolate bauliche Zustand der Kirche erneut dokumentiert, sodass die Ruine 1885 für 880 Mark von der Kirche auf Abbruch verkauft, jedoch vom Landesherrn erstanden und erhalten wurde.

Seit 1991 ist die Friedensgemeinde in der Oststadt (Neubrandenburg) für die Kirchenruine zuständig, die auch die erneute Sicherung des Objektes im Jahr 1999 initiierte. Zuletzt neigte sich der Westgiebel der Kirche aus
dem Lot. Neben dem Einbau eines Ringankers zur statischen Sicherung wurde die Kirche wieder begehbar gemacht und vom Efeu befreit.

Archiv - Denkmal des Monats 2019

Januar 2019 - Wohn-, und Verwaltungsgebäude, Demminer Str. 43b

Das Wohn- und Verwaltungsgebäude in der Demminer Straße 43 b kam erst im Jahr 1999 auf die Denkmalliste der Stadt Neubrandenburg. Errichtet wurde der mehrgeschossige Backsteinbau um 1935 als Kurt Heber seine Hauptproduktionsstätte für mechanische Rüstung von Berlin nach Neubrandenburg verlegte. Die Kurt-Heber-AG, ab 1937 Mechanische Werkstätten Neubrandenburg (MWN), produzierte u. a. Bombenabwurfgeräte für die Luftwaffe.

In dem Gebäude im typischen Heimatschutzstil der 1930er Jahre befanden sich die Wohnung des Werkleiters und die Werkverwaltung, wobei die Anmutung als Wohnhaus wahrscheinlich dem Luftschutz diente und als ziviles Objekt uninteressant für die Luftaufklärung erscheinen sollte. In diesem Zusammenhang ist der im Keller in dieser Form für Neubrandenburg einmalige Luftschutzraum erwähnenswert.

Februar 2019 - Wohnhaus Neustrelitzer Straße 18

Das Gebäude in der Neustrelitzer Straße 18 entstand als Wohnhaus der 1871 gegründeten Gärtnerei von Heinrich Utech. Im Adressbuch von 1893 ist es erstmals unter der Adresse Neustrelitzer Chaussee Nr. 14 aufgelistet.

Im Jahr 1900 erwarb Hermann Meltz die Gärtnerei und das dazugehörige Wohnhaus, in dem Heinrich Utech Wohnrecht behielt. Nachdem die Witwe von Meltz den Betrieb für einige Jahre führte, übernahmen die Kinder, Ida und Werner Meltz, die Gärtnerei im Jahr 1954. Neben der Verbreiterung der Neustrelitzer Straße auf 4 Spuren änderte sich Ende der 1970er Jahre auch die Nummerierung zur heutigen Neustrelitzer Straße 18.

Nachdem der Betrieb Ende der 1970er Jahre durch die Familie Meltz aufgegeben wurde, gründete Horst Blecha nach 1990 den Pflanzenhof neu. Während an dieser Stelle bis heute ein Gärtnereibetrieb fortbesteht, steht das Wohnhaus bereits seit über 10 Jahren leer. Trotz des zunehmenden Verfallszustandes sind immer noch Details wie Haustür, Fensterläden und zum Teil Kastenfenster erhalten.

Bei dem Gebäude handelt es sich um ein eingeschossiges dreiachsiges traufständiges Fachwerkgebäude mit einem zweigeschossigen und zweiachsigen risalitartig vortretendem Giebelbau. Das Fachwerk ist durch seine horizontalen Riegellagen und die regelmäßige Pfostenabfolge sowie die im nördlichen Bereich auftretenden Andreaskreuze kleinteilig und schmuckvoll gestaltet. Auch die vorkragenden Hölzer im Bereich der Giebel und die Rechteckdeckung aus Schiefer beweisen im Detail gestalterischen Anspruch.

März 2019 - Typhusfriedhof - Am Gartenbau

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges drohte in Neubrandenburg 1945 der Ausbruch einer Typhusepidemie. Ein Massensterben konnte aber durch strenge Hygiene-Maßnahmen verhindert werden. Neben der Behandlung im Krankenhaus in der Pfaffenstraße und in Seuchenstationen in der Stargarder Straße (Fürstenkeller), im Schauspielhaus sowie in der damaligen Scheunenstraße wurde zusätzlich in der ehemaligen Ausflugsgaststätte „Tannenkrug“ eine Typhus-Station eingerichtet.

1945 starben 170 Personen in Neubrandenburg an Typhus, 32 davon nachweislich in der Station Tannenkrug. Diese wurden südöstlich des Ausflugslokals am Waldrand, heute Straße Am Gartenbau, auf einer etwa 500 Quadratmeter großen Fläche bestattet. 11 Grabstellen sind bis heute zu erkennen, 7 davon mit lesbaren Grabsteinen. Wie viele Personen letztendlich an dieser Stelle bestattet wurden, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, Schätzungen liegen bei rund 200 Personen. Tuberkulose-Kranke wurden im Tannenkrug noch bis in die 1960er-Jahre behandelt.

Im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme wurde das Friedhofsareal in den 1990er-Jahren hergerichtet und mit einer Einfriedung versehen. Es wird regelmäßig durch den Eigenbetrieb Immobilienmanagement der Stadt Neubrandenburg gepflegt.

April 2019 - Elektrizitätswerk mit Verwaltungsgebäude - Ihlenfelder Straße 88

Vor etwas mehr als 110 Jahren wurde am 1. April 1909 in Neubrandenburg die Überlandzentrale zur Versorgung der Stadt mit elektrischem Strom gegründet. Bereits am 28. Juli 1910 war der Bau soweit gediehen, dass der Probebetrieb in der Ihlenfelder Straße aufgenommen werden konnte. Parallel wurde das städtische Leitungsnetz mit Zubehör durch die Siemens-Schuckert-Werke errichtet, welches im August 1910 „unter Strom gesetzt“ wurde. Bis Ende des Jahres 1911 erreichte das Netz eine Gesamtlänge von 13.868 laufenden Metern, die Verteilung erfolgte über acht im Stadtgebiet vorhandene Transformatoren. Neben dem Gaswerk (1867) und der zentralen, öffentlichen Wasserversorgung (1907) stellt die Stromversorgung durch das Elektrizitätswerk, welches keinen eigenen Strom erzeugte, sondern von der Überlandzentrale Stralsund EG mit Strom versorgt wurde, eine wichtige Entwicklung in der modernen Infrastruktur einer Stadt dar.

Stilistisch stellen die Backsteinbauten mit ihren Sattel- und Krüppelwalmdächern und Rundbogenfenstern sowie den charakteristischen hellen Putzblenden in ihrer historisierenden Formensprache typische Industriebauten ihrer Zeit dar. Parallel entwickelte sich jedoch bereits eine völlig neue Formensprache für die sich seit dem 19. Jahrhundert entwickelnde Aufgabe des Industriebaus. Erste und zukunftsweisende Beispiele großflächig verglaster (Vorhang-)Fassaden entstanden zu dieser Zeit bereits parallel: 1909 mit der Turbinenfabrik von Peter Behrens in Berlin und 1911 mit dem Faguswerk von Walter Gropius in Alfeld (Leine).

Mai 2019 - Wohnhaus Malzstraße 100

Infolge des Machtantrittes der Nationalsozialisten im Jahr 1933 siedelten sich in Neubrandenburg insbesondere Rüstungsbetriebe, wie die Curt-Heber-Werke/Mechanische Werkstätten (MWN), und militärische Nutzer, wie die Kaserne am Hang und der Flugplatz Trollenhagen sowie die Torpedoversuchsanstalt (TVA), an. Aufgrund dieser Entwicklung stieg die Einwohnerzahl von 15.723 im Jahr 1933 auf 24.000 im Jahr 1941. Als neue Wohngebiete entstanden die Ihlenfelder Vorstadt, das Vogelviertel, Am Blumenborn sowie das Brauereiviertel im nördlichen Stadtgebiet unterhalb des Datzebergs.

Zur Erbauungszeit wurde die Siedlung als SA-Siedlung bezeichnet, die Straßen waren nach Anhängern der NS-Bewegung benannt. Die gleichförmig wirkenden Ziegelbauten mit einheitlich roten Satteldächern und
großzügigen rückwärtigen Gärten zur Selbstversorgung sind innerhalb eines rechtwinkligen Straßenrasters angeordnet, lediglich der Wechsel zwischen Einzel- und Doppelhäusern verschafft Abwechslung.

Das 1937 errichtete Einfamilienhaus (ca. 65 m² Wohnfläche) in der Malzstraße 100, früher Claus-von-Pape-Straße, spiegelt bis heute den bauzeitlichen Zustand der Siedlungshäuser authentisch wider und hat daher einen besonderen Zeugniswert für die gesamte Siedlung. Viele der anderen Häuser sind inzwischen stark durch An- und Umbauten überformt. Neben Grundriss und Stallanbau sind auch die Fassade, Dachdeckung, Fenster, Außen- und Innentüren sowie die Innentreppe vollständig erhalten. Derzeit steht das Gebäude leer.

Juni 2019 - Sankt Georg - Kapelle

Die Kapelle, benannt nach dem Heiligen Georg, stammt aus dem Jahr 1308. Seit dem 11. Jahrhundert wird der Heilige Georg als Reiter im Kampf mit dem Drachen verehrt. Er ist Schutzpatron von Kaufleuten und Reisenden, aber auch von Spitälern und Beschützer der Kranken und Elenden. Die Kapelle mit Friedhof wurde ursprünglich zur Unterbringung an Lepra erkrankter Pilgerer und später von Pestkranken außerhalb der Stadt errichtet. Die geistliche Betreuung der Kranken erfolgte durch das benachbarte Kloster Broda. 1868 wurde dann der Bürgerhospitalverein gegründet, in dessen Eigentum Kapelle und umliegende Häuser übergingen. Bestattungen fanden im Umkreis von Sankt Georg noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts statt, bis dann 1896 der Friedhof Broda angelegt und geweiht wurde.

Umbauten an dem frühgotischen ungewölbten Backsteinbau auf Feldsteinsockel fanden insbesondere im 18. Jahrhundert statt. Ursprünglich hatte die Kirche vermutlich ein Satteldach, auch der Dachreiter ist in seiner heutigen Form eine Zutat des Rokokos.

Die mittelalterlichen Ausstattungsstücke aus dem Gebäudeinneren befinden sich heute in der Kirche Sankt Johannis und im Regionalmuseum.

Nachdem die Kapelle zuletzt im Jahr 1994 grundlegend saniert wurde, finden seit dem April dieses Jahres erneut Arbeiten insbesondere am Dach des Gebäudes statt. Probleme bereitete zuletzt die undichte Dachdeckung, aber auch Dachtragwerk und Traufgesims haben sich während der Arbeiten als marode erwiesen.

Juli 2019 - Wohnblock - Prenzlauer Straße 2/4/6

Das Gebäude Prenzlauer Straße Nr. 2, 4, 6 liegt gegenüber einem langgestreckten Reihenhaus an einer rechteckigen platzartigen Freifläche mit weiteren Einzelgebäuden. Das ist, in Anlehnung an die Gedanken der Gartenstadt Mitte der 1930er Jahre angelegten Ihlenfelder Vorstadt, durchaus typisch.

Der viergeschossige und zehnachsige ziegelsichtige Wohnblock mit Walmdach wurde im Jahr 1936 errichtet. Der Gebäudeteil unter der Nr. 6 setzt sich jedoch durch eine Baufuge vom restlichen Gebäude ab. Auch der Eingang ist mit seiner nach innen verlegten Eingangstür anders gestaltet, sodass angenommen werden kann, dass dieser Gebäudeteil entweder zeitgleich oder kurz nach Fertigstellung der Nr. 2 und 4 ergänzt wurde.

Durch die insgesamt schlichte Gestaltung des Wohnblockes gewinnen die ebenfalls in Ziegel ausgeführten Gliederungselemente, wie Sockel, Gurtgesims, Traufe, Hauseingänge, im Bereich der Fenster sowie rückseitigen Treppenhäuser, umso mehr an gestalterischem Wert.

Bis dato zum Teil noch vorhandene historische Fenster und Außentüren sind bereits bei einer Sanierung in den 1990er Jahren verloren gegangen. Im Gebäudeinneren haben sich bis heute jedoch insbesondere die Holztreppen und die Fußbodenbeläge (Terrazzo und Fliesenbelag) der Eingangsbereiche sowie vereinzelte Innentüren erhalten.

Nach Abschluss der derzeit laufenden Sanierung wird die Fassade wieder um ein historisches Detail reicher, welches über die Jahre fast verschwunden war und erst von einem Restaurator wiederentdeckt wurde. Während der Fugenmörtel in der Fläche sandfarben ist, haben die hervortretenden Gliederungselemente fast schwarze Fugen.

August 2019 - Kaserne Haus Nr. 8, Wandrelief - Weg am Hang 35

Südöstlich der Neubrandenburger Innenstadt liegt auf einer Anhöhe die ab 1938 errichtete heutige Tollensekaserne.

Wesentliche Teile der Kaserne sind seit 2010 als Denkmalbereich geschützt. Zusätzlich gehören zum Komplex zwei als Einzeldenkmale geschützte DDR-zeitliche Kunstwerke: das Soldatendenkmal in der Nähe der Nordwache und das Relief über dem Eingang des Anfang der 1970er Jahre als Stabsgebäude im südlichen Bereich der Kaserne errichteten Hauses Nummer 8. Die Entstehungsgeschichte des Reliefs wurde dabei erst kürzlich durch das Stadtarchiv näher beleuchtet. So wurde im Jahr 1971 im Zusammenhang mit der Errichtung des Hauses 8 ein Vertrag zwischen der Nationalen Volksarmee (NVA) und der Kunsthochschule Berlin-Weißensee für die Gestaltung des 5 x 8 Meter großen Kunstwerkes am Gebäudeeingang über eine Vertragssumme von 70.000 Mark abgeschlossen.

Als richtungsgebendes Thema wurde bereits mit Vertragsabschluss die Darstellung des „Humanistischen Charakters der Nationalen Volksarmee“ vorgegeben. Gefertigt wurden die Platten zunächst als Gipsnegative, die dann durch die Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) Betonkunst aus Petersdorf/Bad Saarow in Beton gefertigt und geliefert wurden. Nachdem der Termin mehrfach und zwischenzeitlich auf den Tag der Republik am 7. Oktober 1973 verschoben wurde, gibt es einen Hinweis von März 1974, dass die Abnahme und somit die Fertigstellung der Arbeit erfolgt war.

Weitere Hinweise zur Geschichte und Entstehung der Kunstwerke in der Kaserne nimmt die untere Denkmalschutzbehörde dankend entgegen.

September 2019 - Amtsgericht mit ehemaligem Gefängnis Gerichtsstraße 10 (früher Friedrich-Engels-Ring 19)

Mit dem Gerichtsverfassungsgesetz im Jahr 1877 wurde eine erste einheitliche Gerichtsverfassung im Deutschen Reich begründet, die unter anderem eine Neuordnung der Gerichtsbarkeiten zur Folge hatte. Nachdem Verhandlungen in Neubrandenburg zuvor im Stadtgericht stattgefunden hatten, entstand mit dem zweigeschossigen Backsteinbau mit Mittelrisalit und Satteldach außerhalb der Stadtmauer zwischen August 1878 und September 1879 der repräsentative Neubau eines Amtsgerichtes als eines von insgesamt zehn im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz.

Geplant wurde das Gebäude von einem Herrn Daniel, die Ausführung übernahm ein Maurermeister Schmutzler aus Stargard. In dem ursprünglich an der II. Wallstraße (heute Friedrich-Engels-Ring) gelegenen Hauptgebäude befanden sich unter anderem Registraturen, Schreibstuben sowie ein Schöffensaal. Im rückwärtigen Anbau lag das Gefängnis mit insgesamt 15 Zellen, deren Größe und Ausstattung nach damaligen Verhältnissen als durchaus „human“ beschrieben wurde.

13 der historischen Gefängnistüren sind bis heute erhalten geblieben und sowohl im Gebäude selbst als auch im Friedrich-Engels-Ring 17 ausgestellt. Mit dem Ausbau des Justizzentrums in den Jahren 1998 bis 2004 war auch die Sanierung des historischen Amtsgerichtes verbunden. Das bis dato auf dem Hof stehende Wirtschaftsgebäude, in dem sich Toiletten, eine Pfandkammer und eine Auktionsstube befanden, wurde in diesem Zuge abgerissen.

Die anderen Gebäude einschließlich der historischen Mauer an der Gerichtsstraße blieben jedoch erhalten und wurden instandgesetzt. Heute befindet sich in dem 140 Jahre alten Gebäude das Sozialgericht Neubrandenburg.

Oktober 2019 - Gartendenkmal - Neuer Friedhof


Nachdem 1805 auf herzogliche Anordnung keine Bestattungen mehr innerhalb der Stadtmauer vorgenommen werden durften, wurde zunächst der Marien- und Johannisfriedhof zwischen Scheunen- und Katharinenstraße errichtet. Da diese bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach mehreren Erweiterungen keinen Platz für weitere Bestattungen boten, erwarb die Stadt im Jahr 1913 östlich der Bahn nach Neustrelitz Flächen im Bereich des früheren Galgenbergs. Die letzte Hinrichtung hatte dort im Jahr 1770 stattgefunden.

Den Auftrag für die Planung der Friedhofsanlage erhielt der Gartenbaumeister Georg Hannig, der seinerzeit Friedhofsdirektor auf dem Stettiner Hauptfriedhof war. Die Einweihung des Friedhofes fand im Jahr 1922 statt. 1924 kamen eine kleine Baumschule und eine Gärtnerei dazu, 1926 wurde die Friedhofsverwaltung (heute Am Neuen Friedhof 1) am Nordwestrand des Friedhofes errichtet. Auswirkungen auf die Gestaltung des Friedhofes hatte neben den planerischen Ansätzen von Hannig insbesondere die Friedhofsreform. So wurden keine eigenen Prachtwege mit Mausoleen der Oberschicht angelegt, die Verwendung von Glas, Porzellan und Gips als Schmuck auf den Gräbern wurde verboten, ebenso wie die Verwendung von eisernen Einfriedungen. Die Grabsteine der 1920er und 30er Jahre sind separat in der Denkmalliste erfasst.

Nach der Eröffnung des Waldfriedhofes Carlshöhe folgte 1974 der Beschluss zur Schließung des Neuen Friedhofes, der in Folge zur Parkanlage umgestaltet werden sollte. Nach der Wiedervereinigung wurde dann die Weiternutzung des inzwischen durch mangelnde Pflege stark vernachlässigten Friedhofes beschlossen. Erst im Jahr 2000 erhielt der Friedhof die heutige Feierhalle.

November 2019 - Ehrenmale - Neuer Friedhof

Neben der Entstehungsgeschichte des Neuen Friedhofes in den 1920er Jahren bilden auch die nach 1945 entstandenen baulichen Anlagen eine prägende Zeitschicht. Dabei handelt es sich insbesondere um Gedenkarchitekturen und Ehrenmale.

Im südlichen Bereich der Mittelachse des Friedhofes liegt der Sowjetische Ehrenfriedhof, auf dem 361 Rotarmisten begraben wurden, von denen die Mehrzahl bis heute namentlich nicht bekannt ist. Hier befindet sich ebenfalls die Bronzeskulptur „Trauernde Mutter“ von René Graetz aus dem Jahr 1958. Entlang des Weges in Richtung erinnern Betonsockel mit Jahreszahlen an die Kriegsteilnahme der Sowjetunion von 1941 bis 1945. Auf einer inzwischen veränderten aber bis heute platzartig erscheinenden Freifläche im südlichen Bereich des Friedhofes befindet sich eine am 9. Mai 1975 eingeweihte aufragende Betonplastik, die unter maßgeblicher Beteiligung des Künstlers Arnd Wittig entstand: das Sowjetische Ehrenmal.

Außerhalb der historischen Friedhofsgrenzen liegt auf einem Plateau mit Ausblick in das Lindetal das ebenfalls von Wittig gestaltete und 1972 der Öffentlichkeit übergebene, jedoch unvollständig gebliebene, Antifaschisten-Denkmal (auch Ehrenmal für die Kämpfer gegen Reaktion und Faschismus oder „Die Unbeugsamen“). Südwestlich der Friedhofsgrenzen wurden weibliche KZ-Häftlinge begraben, die während der Evakuierung aus dem KZ Ravensbrück im April 1945 bei Neubrandenburg umgekommen sind. An sie erinnern eine Betonskulptur und ein Ehrenmal in Form einer Frauenplastik mit Kind.

Dezember 2019 - Wandbild »Volksfest« - Warliner Straße 6

Das aktuelle Denkmal des Monats ist noch ein Neuling auf der Denkmalliste der Stadt Neubrandenburg. Im Zusammenhang mit dem Projekt und der derzeitigen Ausstellung „Nur Beton“ im Regionalmuseum der Stadt hat unter anderem eine Auseinandersetzung mit dem Künstler Erhard Großmann (geboren 1936, z. B. Wandbild „Kinder Träume Zukunft, Ziolkowskistraße 2) stattgefunden.

Von den drei ursprünglich für Neubrandenburg bekannten Wandbildern Großmanns innerhalb von öffentlichen Gebäuden konnte in diesem Jahr nur noch dieses eine aufgefunden werden. Die Wandbilder in der früheren Oberschule V in der Krämerstraße und im damaligen Speisesaal des VEB Nahrungsgütermaschinenbau (Nagema) sind heute nicht mehr erhalten.

Das Wandbild in der Warliner Straße entstand im Jahr 1978 unter dem Titel „Volksfest“ für den damaligen Speisesaal des Verkehrskombinates. Wo früher das Geschirr klapperte, kann heute beim Tanzclub Tollensetal 2012 e. V. das Tanzbein geschwungen werden. Das Bild nimmt in Breite und Höhe beinahe die gesamte Nordwand des Saales ein und zeigt eine Vielzahl von Menschen bei einem Volksfest in unterschiedlichen Stimmungslagen und bei verschiedenen Aktivitäten. Fast wirkt die friesartig angelegte Seccomalerei auf Putz (im Gegensatz zum Fresko wird beim Secco auf den trockenen Putz gemalt) wie ein Wimmelbild, auf dem neben tanzenden und spielenden Männern, Frauen und Kindern auch eine Katze zu finden ist.

Archiv - Denkmal des Monats 2018

April - Luhmann-Villa

Eintrag in die Denkmalliste der Stadt Neubrandenburg: Friedrich-Engels-Ring 35, Gebäudehülle und Dachstuhl des Wohnhauses

Zur Geschichte:

Der Friedrich-Engels-Ring 35 ist erstmals im „Adreßbuch der Vorderstadt Neubrandenburg“ aus dem Jahr 1893 zu finden – damals jedoch noch unter der Adresse „An der Linde 2“. Eine Postkarte aus dem Jahr 1902 zeigt bereits das heutige Gebäude. Das genaue Baujahr des Hauses ist bisher jedoch nicht bekannt. Im Adressbuch für Neubrandenburg aus dem Jahr 1913 ist dann erstmals der Kommerzienrat Louis Luhmann als Eigentümer überliefert.

Dieser Familie Luhmann verdankt das Haus seinen bis heutige geläufigen Beinamen „Luhmann-Villa“. Nach seinem Tod blieb das Haus im Familienbesitz. Das Adressbuch von 1927/1928 gibt die Witwe des Kommerzienrats, Johanna Luhmann, selbst zu dem Zeitpunkt wohnhaft in der Morgenlandstraße 7, als Besitzerin an. Bewohnt wurde die Villa zu der Zeit von dem Ministerialrat a. D. Dr. jur. Fritz Luhmann, tätig als Rechtsanwalt und Notar, und dem Angestellten Josef Müller. Nach dem Krieg wurde das Haus enteignet.

Noch bis zum Ende der 1940er Jahre wohnten die Luhmanns im Obergeschoss bis sie dann in den Westen gingen. In den 1960er Jahre musste ein Großteil der historischen Gebäude An der Linde, insbesondere auf der ehemaligen Ostseite der Straße, dem Ausbau des heutigen Friedrich-Engels-Rings weichen. Ebenfalls um diese Zeit zog der „Klub der Intelligenz“ (KDI) in das Gebäude. Nach der Wende befand sich hier eine Zeit lang die Gaststätte „bei Jaqueline“.

Später wurde das Gebäude an den früheren Eigentümer, Fritz Luhmann, rückübertragen. Der Eigentümer hat inzwischen erneut gewechselt, das prominente Haus am Stadteingang steht jedoch inzwischen seit längerer Zeit leer.

Mai - Wandbild "Kinder Träume Zukunft"

 

Eintragung in die Denkmalliste der Stadt Neubrandenburg: Ziolkowskistraße 2, Wandbild „Kinder, Träume, Zukunft“ (an der ehemaligen Schülergaststätte)

Zur Geschichte:

Das 6 mal 15 Meter große Wandbild „Kinder Träume Zukunft“ befindet sich am Nordgiebel des Gebäudes Ziolkowskistraße 2, ehemals Schülergaststätte, in der Neubrandenburger Oststadt und wurde von dem aus Dresden stammenden Maler und Grafiker Erhard Großmann (*1936) geschaffen.

Großmann erhielt den Auftrag für das Werk 1968/69 und arbeitete daran ab 1970 u. a. in der Messehalle am Tollensesee, wo auch ein reger Austausch mit dem damaligen Oberbürgermeister Dr. Heinz Hahn, dem VEB Zentrum Bildende Kunst, Vertretern vom Rat der Stadt und den Brigaden stattfand.

Besonders die technische Ausführung des Bildes als Unterglasurmalerei auf industriell vorgefertigten Meißener Kacheln stellte den Künstler vor einige Herausforderungen. So war die Palette der möglichen Farben beschränkt und die Pigmente ließen sich nicht malerisch mit dem Pinsel auftragen. Stattdessen wurde mittels vieler Experimente ein Weg gefunden, die Farbe mit Zerstäuber und Schablonen auf die Kacheln zu bringen. Am 07.10.1973 wurde das Wandbild feierlich eingeweiht.

Zentrum des Bildes ist das „Dreierportrait“ eines Kindes, welches „zugleich nachdenklich, nach Wissen strebend und in kühnem Gedankenflug erscheint […].“ Gleichzeitig vermittelt diese „Dreieinigkeit“ zwischen der rechten und linken Bildhälfte. Das nackte Paar auf der linken Seite symbolisiert das ursprüngliche menschliche Sein ebenso wie das Streben nach Glück und Selbstverwirklichung. In der rechten Bildhälfte stehen Ikarus und Kosmonaut für das ehemals Unerreichbare im Vergleich zu den ungeheuren Möglichkeiten, die sich in der Gegenwart für die Zukunft abzeichnen.

In Neubrandenburg schuf Erhard Großmann zu DDR-Zeiten noch drei weitere Wandbilder („Volksfest“, Speisesaal des Verkehrskombinats; „An einem Tag“, Speiseaal VEB Nahrungsgütermaschinen“; „Sommertag“, Schulgebäude Krämerstraße). Das Wandbild „Kinder Träume Zukunft“ nimmt jedoch, insbesondere aufgrund der Wahl des Materials und die dadurch bedingte Formensprache, eine herausragende Stellung im Werk des Künstlers ein.

Juni - Verwaltungsgebäude Friedrich-Engels-Ring 11


Bei dem denkmalgeschützten Gebäude am Friedrich-Engels-Ring 11 handelt es sich um einen dreigeschossigen Putzbau mit Walmdach mit einem repräsentativen Eingang.

An der Stelle der heutigen Handwerkskammer standen bis 1945 zwei Stadtvillen unter den Adressen Adolf-Friedrich-Straße 1 und 1 a. Etwa parallel mit Entstehung der Produktionsgenossenschaften des Handwerks begann im Jahr 1955 der Bau der Handwerkskammer. Am 10. August 1957 wurde sie feierlich eingeweiht.

Der Bau wurde von Spenden der Handwerker des Bezirkes Neubrandenburg in Höhe von 135.000 DM, einem Investitionskredit des Staates und unentgeltlichen Bauleistungen der Betriebe in Höhe von 28.000 DM finanziert. So stammte die ursprüngliche Eingangstür von einem Tischler aus Altentreptow, Steinmetzmeister Dassow schuf das Portal, Glasermeister Günther Seehrich die Bleiglasfenster und Tischlermeister Hermann Voltz setzte mit seinem Sohn die Innentüren ein. Die für die 50er Jahre typische architektonische
Gestaltung des Baus stammt von einem Architekten und Tiefbauingenieur aus Wittenburg, der Innenausbau wurde von den Architekten Krumnow und Hartung aus Berlin entworfen. Neben Arbeitsräumen für die Organisation sollte ebenfalls Platz für die Durchführung von Meisterprüfungen, Beratungen, eine gastliche Stätte für Besucher, Übernachtungsräume und ein Festraum geschaffen werden.

Nach einer Sanierung in den frühen 1990er Jahren wurde 2016/2017 zuletzt die Fassade erneuert.

Juli - Pestalozzi Schule, Ziegelbergstraße 27

Die heutige Pestalozzi-Schule erhielt ihren Namen nach Johann Heinrich Pestalozzi (1746 – 1827), dem Schweizer Pädagogen und Sozialreformer, erst im Jahr 1949. Gebaut wurde sie in der Zeit von 1927 bis 1929 als städtische Bürgerschule für Mädchen nach Plänen von Senator L. Giesecke.

Die Schule entstand unter Beachtung moderner pädagogischer, bautechnischer und hygienischer Standards.

Neun der zwölf Klassenzimmer waren bewusst nach Westen orientiert, sodass die Sonne beim morgendlichen Lernen nicht blenden konnte, die Schulräume jedoch am Nachmittag durchsonnen würde. Neben der durchdachten Architektur entsprach auch die Ausstattung der Schule den modernsten Anforderungen – so konnten sich die damaligen Schüler in der ersten Lehrküche Mecklenburgs im Rahmen von Hauswirtschaftsunterricht, Nahrungsmittellehre und praktischer „Kochchemie“ auf das „hausfrauliche“ Leben vorbereiten.
Die Gebäudehülle wird durch die Verwendung dunkler Ziegel besonders geprägt. Sowohl das Material in seiner besonderen Farbigkeit als auch die dem Backsteinexpressionismus entlehnte Formensprache sind typisch für die Zeit der 1920er Jahre. Giesecke stellte durch die Wahl des Materials an dieser Stelle bewusste Bezüge sowohl zu den in der Nähe (Katharinenstraße) bereits vorhandenen Schulbauten als auch zu den Toranlagen der Stadt her.

Nach Gieseckes Plan sollte ursprünglich ein Gebäude mit insgesamt 25 Klassenzimmern entstehen. Aufgrund der „erdrückend schweren Geldknappheit“ konnte bis November 1928 jedoch nur Platz für acht Klassen und bis August 1929 für acht weitere Klassen geschaffen werden.

Derzeit werden in der Schule mit den Förderschwerpunkten Lernen sowie emotionale und soziale Entwicklung ca. 146 Schüler in zwölf Klassen unterrichtet.

August 2018 - Die alte katholische Kirche


Die kleine ehemalige katholische Kirche in der Großen Krauthöferstraße 16 in Neubrandenburg ist seit 1992 in die Denkmalliste der Stadt Neubrandenburg eingetragen. Sie ist nicht nur Zeugnis der Entwicklung der nachreformatorischen katholischen Gemeinde der Stadt Neubrandenburg, sondern auch das einzige Gebäude der Stadt im Stil der Neoromanik sowie ein erfolgreiches Beispiel der Umnutzung eines Sakralbaus in den 1990er Jahren.

Seit der Reformation ist Mecklenburg stark protestantisch geprägt. Im Jahr 1686 soll es etwa 20 Katholiken in ganz Mecklenburg gegeben haben, um 1900 waren es in Neubrandenburg um die 90 Gläubigen. Ab 1903 war ihnen in Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin offiziell die Glaubensausübung gestattet. Dies beinhaltete auch das Recht, eine Kirche zu bauen. Bis zur Fertigstellung der Kirche im Jahr 1907 nutzten die Gläubigen mit Genehmigung des Magistrats einen Saal der Bürgerschule.

Der Entwurf der Katholischen Kirche stammte von dem Neustrelitzer Bauunternehmer Senge. Auch der Pastor, der von nun an in einem 14-tägigen Rhythmus Gottesdienste abhalten sollte, kam zu diesem Zweck aus Neustrelitz. Die zu Beginn wohl noch recht spärliche Innenausstattung der Kirche wurde zwischen 1939 und 1942 wesentlich durch eine Kanzel und einen neobarocken Nebenaltar ergänzt. Bereits 1952 jedoch wurde das Kirchenschiff mit Gewölbe und Zugankern erneuert und neu gestaltet.

Nachdem in den 1960er Jahren bereits Anbauten erfolgten, gab die Kirchgemeinde das Gebäude 1976 mit dem Neubau der Kirche in der Heidmühlenstraße auf, woraufhin es in den Besitz der Stadt überging. Insbesondere durch den Zuzug von Flüchtlingen in Folge des Zweiten Weltkrieges hatte sich die katholische Gemeinde vergrößert.

Nachdem das Gebäude zwischenzeitlich als Werkstatt und Lager genutzt und sein Abriss zwei Mal im Zusammenhang mit Straßenverbreiterungen verhindert wurde, zog im Jahr 1996 das Kino „Latücht“ in die sanierte ehemalige Kirche ein. Jenes hatte seinerseits mit dem Abbruch des Kosmos‘ seine Bleibe verloren.

Neben der Kachelofenfabrik in Neustrelitz ist das „Latücht“ heute eines der wenigen alternativen Kinos im Nordosten mit einem anspruchsvollen Programm abseits des Mainstream und bietet mit seiner Medienwerkstatt und der Dokument-Art kulturelle Bildung in Neubrandenburg.

September - Fund des Monats: Glockengussgrube

Spannende Einblicke in die Geschichte der Stadt und des Franziskanerklosters bietet aktuell die Sanierung der Stargarder Straße. Neben Bestattungen und Fundamenten wurden auch die Reste einer Glockengussgrube unweit von St. Johannis entdeckt (Abb. 1). Die Sole der Grube lag 1,60 m unter dem Straßenpflaster. Ungewöhnlich ist nun, dass nach dem Bergen der gegossenen Glocke aus der Grube sich Reste des fein bearbeiteten Formlehms mit gotischen Minuskeln und Verzierungen über 600 Jahre bis zum heutigen Tage erhalten haben (Abb. 2).

Die eigentliche Gussform aus Lehm hat ein Innenmaß von 1,20 m. Durch die Hitze des Gusses war der Lehm im Kontaktbereich zur flüssigen Bronze schwarz bis rotbräunlich überfeuert, feinste Bronzeanhaftungen auf der Innenseite geben ihm ein metallisches Aussehen.

Bei einer Leitungssanierung im Kreuzungsbereich von Stargarder- und Poststraße wurde bereits eine andere Glockengussgrube beobachtet. In beiden Gruben wurden sehr wahrscheinlich, in unmittelbarer Nähe des Franziskanerklosters, Glocken für St. Johannis hergestellt. Oder war eine der Gussanlagen Zeugnis eines Fehlgusses? Im Denkmalinventar von Georg Krüger wird auf zwei Glocken im alten Glockentürmchen verwiesen. Allerdings erscheint auch dieses, bei den Umbaumaßnahmen von 1891 bis 1894 unter das Dach geführte zu klein für ein solches Geläut (Abb. 3). Der heutige hölzerne Dachreiter birgt eine Glocke aus dem Jahr 1897. Ihr Vorgängermodell aus dem 15. Jahrhundert war da bereits verschwunden. Teile ihrer Form und Inschrift konnten jetzt aus der Gussgrube geborgen werden.

Oktober - Vier bronzene Konsolfiguren - Helmut-Just-Straße 6

Die vier Figuren über dem Haupteingang des ehemaligen Internatskomplexes des Berufsausbildungszentrums (BAZ) in der Oststadt sind neu auf der Denkmalliste der Stadt. Die lebensgroßen, nackten und nach klassischem Ideal geformten Bronzefiguren befinden sich vor dem Hintergrund einer Betonwand mit gut sichtbaren Schalungsspuren mittig über dem Haupteingang des ehemaligen Internatskomplexes. Zur Erinnerung: Bis 1989 handelte es sich um das Klubhaus des BAZ.

Die Nackten wurden in den Jahren 1975 bis 1980 nach Entwürfen des aus Freiberg stammenden Bildhauers, Medailleurs und Graphikers Bernd Göbel (*1942) geschaffen und stellen ein qualitätsvolles Beispiel der in der DDR vorherrschenden realistischen, figurativen und durch humanistische Ideale geprägten Bildhauerkunst dar. Menschliche Figuren spielen in Göbels plastischem Werk durchgehend eine tragende Rolle und seine Figurengruppen, Denkmäler sowie Brunnen sind bis heute insbesondere in ganz Mitteldeutschland zu finden, so beispielsweise der Marktbrunnen in Halle als wohl prominentestes Beispiel.

Wenn den bronzenden Menschen auch eine besondere Bedeutung durch den Eintrag in die Denkmalliste bescheinigt wird, so sind die von 1970 bis 1973 nach städtebaulicher Einordnung von der damaligen Stadtplanerin und Architektin Iris Grund entstandenen Internatsgebäude ohne Denkmalwert.

November - Der ehemalige Marstall - Behmenstraße 14 & 16

Hinter den Adressen Behmenstraße 14 und 16 verbirgt sich heute eines der wenigen erhaltenen Gebäude der Stadt Neubrandenburg aus der Zeit des 18. Jahrhunderts: der ehemalige Marstall.

Nachdem Herzog Adolf Friedrich IV. Neubrandenburg im Jahr 1775 zur Sommerresidenz erhob, entstanden neben dem Palais (1775) unter anderem im südlichen Bereich der Stadt das Comedienhaus bzw. Schauspielhaus (1787 eingeweiht) und der Marstall (1781/1782).

Ursprünglich handelte es sich dabei um eine dreiflügelige Anlage mit Reithalle. Im Südflügel (Behmenstraße 16) entstanden ab den 1930er Jahren Wohnungen und ein kirchlicher Gemeindesaal. Heute wird dieser inzwischen sanierte Gebäudeteil als Veranstaltungsort genutzt.

Der mittlere Gebäudeteil (Behmenstraße 14) diente unter anderem als Scheune, Wagenremise und Pferdestall und hatte ursprünglich straßenseitig zwei Toreinfahrten. Um 1817 entstanden hier Wohnräume für das damalige
Dienstpersonal (Stallmeister). Mit einer Umnutzung des Gebäudes zu kirchlichen Zwecken im Jahr 1968 kam es zu baulichen Veränderungen.

Das barocke Gebäude in städtebaulich dominanter Lage bezeugt heute noch die Geschichte Neubrandenburgs als ehemalige mecklenburgische Residenzstadt.

Dezember - 9. Dachkonstruktion (Zollingerdach) - Nemerower Straße 7 - 9

Das frühere Wohnhaus in der Nemerower Straße 7 – 9 ist insbesondere durch seine charakteristische Dachform bereits vor einigen Jahren in den Fokus der unteren Denkmalschutzbehörde geraten. Eine Eintragung in die Denkmalliste fand jedoch erst jetzt in Folge einer gemeinsamen Besichtigung mit dem Landesamt für Kultur und Denkmalpflege im Jahr 2017 statt.

Das Gebäude entstand um 1925, und somit noch vor dem Beginn der militärischen Nutzung des Gebietes als Torpedoversuchsanstalt (TVA) und dem späteren Reparaturwerk (RWN), für Herrn Rechnungsrat Klingner.

Die geschwungene Dachform des Hauses lässt sich auf ein sogenanntes Zollingerdach zurückführen – die einzige für Neubrandenburg bekanntermaßen erhaltene Dachkonstruktion dieser Art. Mit der durch Friedrich B. Zollinger zu Beginn der 1920er Jahre in einer Zeit akuter Wohnungsnot entwickelten Bauweise lassen sich im Vergleich zu herkömmlichen Dachkonstruktionen ca. 50% Holz sparen. Durch die Vereinheitlichung der Bauteile ist ebenfalls ein relativ einfacher Zusammenbau möglich, der letztendlich eine typische und gleichfalls sehr dekorative durch Rauten charakterisierte Dachuntersicht ergibt.

Aufgrund von späteren Veränderungen sind inzwischen fast sämtliche Merkmale verloren gegangen, die das Erscheinungsbild des Gebäudes prägten, sodass sich der Denkmalwert auf das Zollingerdach beschränkt. Dieses ist heute ein eindrückliches Beispiel für die Innovationen des privaten Wohnungsbaus in Neubrandenburg im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts.

25.04.2018