April 2019 - Elektrizitätswerk mit Verwaltungsgebäude - Ihlenfelder Straße 88
Vor etwas mehr als 110 Jahren wurde am 1. April 1909 in Neubrandenburg die Überlandzentrale zur Versorgung der Stadt mit elektrischem Strom gegründet. Bereits am 28. Juli 1910 war der Bau soweit gediehen, dass der Probebetrieb in der Ihlenfelder Straße aufgenommen werden konnte. Parallel wurde das städtische Leitungsnetz mit Zubehör durch die Siemens-Schuckert-Werke errichtet, welches im August 1910 „unter Strom gesetzt“ wurde. Bis Ende des Jahres 1911 erreichte das Netz eine Gesamtlänge von 13.868 laufenden Metern, die Verteilung erfolgte über acht im Stadtgebiet vorhandene Transformatoren. Neben dem Gaswerk (1867) und der zentralen, öffentlichen Wasserversorgung (1907) stellt die Stromversorgung durch das Elektrizitätswerk, welches keinen eigenen Strom erzeugte, sondern von der Überlandzentrale Stralsund EG mit Strom versorgt wurde, eine wichtige Entwicklung in der modernen Infrastruktur einer Stadt dar.
Stilistisch stellen die Backsteinbauten mit ihren Sattel- und Krüppelwalmdächern und Rundbogenfenstern sowie den charakteristischen hellen Putzblenden in ihrer historisierenden Formensprache typische Industriebauten ihrer Zeit dar. Parallel entwickelte sich jedoch bereits eine völlig neue Formensprache für die sich seit dem 19. Jahrhundert entwickelnde Aufgabe des Industriebaus. Erste und zukunftsweisende Beispiele großflächig verglaster (Vorhang-)Fassaden entstanden zu dieser Zeit bereits parallel: 1909 mit der Turbinenfabrik von Peter Behrens in Berlin und 1911 mit dem Faguswerk von Walter Gropius in Alfeld (Leine).