Gedenken an 30 Jahre friedliche Revolution: Stadt Neubrandenburg verleiht Wilhelm-Ahlers-Medaille an "Augenzeugen 89"
Als Höhepunkt der Festwoche zum Gedenken an das Jubiläum 30 Jahre friedliche Revolution in Deutschland haben Oberbürgermeister Silvio Witt und Stadtpräsident Dieter Stegemann die Wilhelm-Ahlers-Medaille der Stadt Neubrandenburg an die Gruppe „Augenzeugen 89“ verliehen. Die Gruppe wurde stellvertretend für alle Frauen und Männer ausgezeichnet, die sich 1989 in Neubrandenburg für die politische Wende engagiert haben. Für die Gruppe hat Gerhard Stoll die Medaille entgegengenommen.
Stoll selbst war an jeder in Neubrandenburg durchgeführten Aktion der friedlichen Revolution maßgeblich beteiligt, so war er u. a. Sprecher des „Neuen Forum“ in Neubrandenburg, das vor 30 Jahre gegründet wurde. Weiterhin gehörten der Gruppe „Augenzeugen 89“ an: Owe Gluth, Torsten Hanke, Thomas Tauer, Hans-Jürgen Schulz, Alfred Dohndorf, Burkhard Räuber, Eckhardt Vanselow und Michael Nötzel.
Die Mitglieder haben sich damals aktiv an den Veränderungsprozessen beteiligt. Sie wirkten im Neuen Forum und anderen Bürgerrechtsinitiativen mit, obwohl niemand wusste, ob diese Revolution friedlich bleibt.
Die Gruppe selbst bildete sich erst nach der Wende aus wichtigen Protagonisten der friedlichen Revolution von 1989. Lange waren die Mitglieder aktiv, um die Erinnerung an diese große gesellschaftliche Zäsur des 20. Jahrhunderts wach zu halten, insbesondere der Jugend zu erklären, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist, sondern der ständigen aktiven Erneuerung durch die Menschen bedarf. Die „Augenzeugen 89“ haben anhand von Fotos, Schriftstücken und Ausstellungen die Ereignisse der Wendezeit für die Nachwelt dokumentiert. Aufgrund ihres Mutes, sich gegen die ungerechten politischen Verhältnisse zu wehren und durch ihr ehrenamtliches Engagement auch in den Folgejahren, die Erinnerung an die Geschehnisse der politischen Wende dauerhaft wachzuhalten, haben sich die „Augenzeugen 89“ um die soziale, kulturelle und kommunalpolitische Entwicklung der Stadt besonders verdient gemacht.
Zur Festveranstaltung anlässlich der Verleihung sprach der frühere Landtagspräsident Rainer Prachtl über den Zusammenhalt in Deutschland. Bei einem Podiumsgespräch tauschten sich Zeitzeuginnen und -zeugen der Wende mit heute politisch engagierten Schülerinnen zu den Ereignissen von 1989, zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und zum heutigen Demokratiebegriff aus.
„Freiheit und Demokratie sind unsere höchsten Güter. Politische Debatten, das Ringen um Meinungen, das Ausloten von Gemeinsamkeiten und das demokratische Treffen von Entscheidungen ist uns heute möglich. Mit dieser Auszeichnung danken wir allen Frauen und Männern, die sich 1989 mutig für gesellschaftliche und politische Veränderungen stark gemacht haben. Damit hat die Festwoche in unserer Stadt, die der friedlichen Revolution vor 30 Jahren gedacht hat, ihren würdigen Höhepunkt gefunden.“, so Oberbürgermeister Silvio Witt.
Am 7. Oktober 1989 wurde durch den Friedenskreis in Neubrandenburg in einem symbolischen Akt die erste öffentliche Aktion initiiert. Brennende Kerzen wurden als „Licht der Hoffnung“ in viele Neubrandenburger Fenster gestellt. Zum ersten Friedensgebet am 11. Oktober 1989 in der Johanniskirche folgten 350 Teilnehmer einer Einladung, die nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda die Menschen erreichte. Beim 2. Friedensgebet mit einem Schweigemarsch zur katholischen Kirche waren bereits 5.000 Teilnehmer dabei. Am 24. Oktober gründete sich das Neue Forum in der Vier-Tore-Stadt. Der Höhepunkt der Ereignisse war der 25. Oktober, als 30.000 bis 40.000 Teilnehmer im Anschluss an das 3. Friedensgebet auf die Straße gingen.
Die Wilhelm-Ahlers-Medaille ist die zweithöchste Ehrung der Stadt Neubrandenburg und wird in Erinnerung an Wilhelm Karl Georg Ahlers vergeben. Auf Beschluss der Stadtvertretung zeichnet die Vier-Tore-Stadt damit besonders engagierte Einwohnerinnen und Einwohner aus.