Archiv - Denkmal des Monats 2020
Januar 2020 - Villa - Windbergsweg 12
In der nördlichen Spitze des Kulturparks und in unmittelbarer Nähe zu Neustrelitzer Straße, Stargarder Tor und Linde befindet sich die charakteristische Villa unter der Adresse Windbergsweg 12 mit ihrem beinahe quadratischen Grundriss und dem hohen Mansarddach. Markant sind insbesondere die ausladende Freitreppe und der zweigeschossige Eingangsbereich mit seinem Dreiecksgiebel und den vier Pilastern auf der Westseite des Gebäudes. Hier verbirgt sich im Gebäudeinneren das Treppenhaus mit einer wertvollen Buntverglasung von einem Berliner Hersteller (J. C. Spinn & Co.).
Errichtet wurde das Gebäude zwischen 1913 und 1915 durch Maurermeister Greuel für eine Bausumme von 40.000 Mark. Zunächst bewohnte die Witwe Walli Teßnow das Haus, ab Ende der 1920er Jahre kann dann der Brauereidirektor Richard Engelhardt (später a. D.) als Eigentümer nachgewiesen werden. Nachdem das Haus nach 1945 noch einige Zeit zu Wohnzwecken genutzt wurde, diente es erst als eines von vier Internatsgebäuden der EOS, in den 1960er Jahren als Zahnarztpraxis von Dr. Norbert Wagner und von 1974 bis zur Wende wurde es als „Haus der deutsch-sowjetischen Freundschaft“ genutzt. Neben dem sogenannten Karelienkabinett, einem Informationszentrum über die sowjetische Partnerregion, gab es Veranstaltungsräume, in denen Vorträge, Ausstellungen und auch Teeabende am Samowar im Sinne der politisch-ideologischen Erziehung stattfanden. Heute befindet sich die Villa in Privateigentum und dient als Bürogebäude.
Februar 2020 - Belvedere und Platz- und Treppenanlage - Brodaer Holz
Am Nordwestufer des Tollensesees befindet sich auf einem Plateau in Broda ein Gebäude, das seinem Namen alle Ehre macht: das Belvedere. Denn Belvedere (ital., franz. Bellevue), bedeutet so viel wie schöne Aussicht. Bereits 1775 ließ Herzog Adolf Friedrich IV. an dieser Stelle ein Sommerhaus nebst Baracken für die Dienerschaft errichten. Dieses Gebäude wurde jedoch nach seinem Tod bereits 1794 wieder abgebrochen. Ein Privatmann erwarb den einstöckigen Fachwerkbau mit Satteldach und errichtete ihn unverändert in der Beguinenstraße, wo er bis ins 20. Jahrhundert hinein von der Freimaurerloge genutzt wurde.
Das heutige Gebäude wurde 1823 nach Plänen von Friedrich Wilhelm Buttel auf Wunsch der Großherzogin Marie in Form eines griechischen Tempelchens (Prostylos) errichtet. Ursprünglich soll der Bau eine gelbliche Farbe gehabt haben und war in einen Saal und eine kleine Küche mit Nebenraum aufgeteilt. Die seitliche Öffnung des Gebäudes erfolgte erst im Rahmen des Umbaus zum Ehrenmal für die Gefallenen des Landes Stargard zu Beginn der 1930er Jahre durch Heinrich Tessenow. Mitte der 1970er Jahre war nach Jahren des Verfalls eine umfassende Sanierung mit Ausbau zum Veranstaltungsort geplant. Es blieb jedoch zunächst bei einer Sicherung des Gebäudes, dessen Öffnungen im Anschluss wieder vermauert und der Raum als Lager an eine Privatperson vermietet wurde. Im Zuge der letzten Sanierung Mitte der 1990er Jahre wurden die Seitenwände erneut geöffnet und der Ort wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.
März 2020 - Kulturpark und Parkanlage mit Skulpturen zwischen Stadtkern und Tollensesee
Bis heute neigen tiefer gelegene Flächen im Kulturpark noch schnell zum Vernässen nach starkem Regenfall. Man kann sich also gut vorstellen, dass dieses Gebiet am nördlichen Seeufer, der Werderbruch, im Mittelalter ein mooriges Gelände und somit ein natürlicher Schutz vor Angriffen aus dem Süden war. Mit Errichtung des Schlosses in Hohenzieritz wurde der Landschaftsraum um den Tollensesee ab Ende des 18. Jahrhunderts erstmals ganzheitlich im Sinne einer Parklandschaft betrachtet. Davon zeugen das Belvedere als weithin sichtbare Landmarke und der 1820 angelegte Repräsentantenweg. Erste gezielt gepflanzte Bäume aus dieser frühen Zeit der Anlage sind bis heute erhalten.
Nachdem der Werderbruch nach 1945 zunächst der Entsorgung von Trümmerschutt aus der zerstörten Innenstadt diente, enthielt bereits der Flächennutzungsplan von 1956 erste Aussagen zu einer gezielten Gestaltung eines Parks. In der Folgezeit waren die Entwürfe und Studien von Hilmar Ziegenrücker, Roland Hahn und Heinrich Krebber für das ca. 35 ha große Areal inhaltlich und gestalterisch mehrfachen Änderungen unterworfen, bis die Ausführung unter großer Beteiligung der Bevölkerung um 1982 abgeschlossen war. Der Kulturpark als Weiterentwicklung aus den Volksparkanlagen und der Reformbewegung des beginnenden 20. Jahrhunderts hat heute mit seiner prägenden und weitestgehend authentischen Zeitschicht der 1970er und 80er Jahren Seltenheitswert. Typische Elemente seiner Entstehungszeit, wie der Verkehrsgarten, die Tiergehege, Skulpturen, Spielgeräte oder charakteristische Materialien sowie die zum Hauptraum orientierten Themengärten sind bis heute erhalten geblieben.
April 2020 - Stadtbefestigung mit Stadtmauer, Wallanlage
Die mittelalterliche Stadtbefestigung von Neubrandenburg mit ihren vier Toranlagen ist aufgrund der Vollständigkeit ihrer Erhaltung heute ein Kulturdenkmal mit überregionaler Bedeutung und identitätsstiftend für die Vier-Tore-Städter. Rings um die Stadtmauer erstreckt sich die Wallanlage mit ihren zwei Wällen und drei Gräben als beliebtes Ziel für die Naherholung, als Heimat vieler Tier- und Pflanzenarten und als Lärmschutz zwischen Innenstadt und Friedrich-Engels-Ring.
Errichtet wurde die Wallanlage im 14. Jahrhundert im Zuge der Befestigung der Stadt. Um ihrer Verteidigungsfunktion gerecht zu werden, wurden Gräben und Wälle von Vegetation zunächst freigehalten. Als die Stadt jedoch im 17. Jahrhundert ihren Festungscharakter aufgab, wurde der Wall zunehmend wirtschaftlich für Viehhaltung (Schweinemast) genutzt. Durch den Einfluss des 1877 gegründeten Verschönerungsvereins wandelte sich die Wallanlage durch die Abschaffung der Beweidung, das Anlegen geschwungener Wege, Neupflanzung und das Aufstellen von Denkmalen zum Park, der jedoch im 20. Jahrhundert verwilderte und in den 1990er Jahren in Teilen einem natürlich gewachsenen Wald glich.
Ab 1996 erfolgte schrittweise die denkmalgerechte Sanierung der Wallanlage, die alle zeitlichen Entstehungsschichten berücksichtigt. Von den vom 18. bis ins 20. Jahrhundert auf dem Wall entstandenen Bauten sind heute nur noch die charakteristischen Freiflächen mit dazugehöriger Baumpflanzung übrig.
Mai 2020 - Kindergarten, Darrenstraße 15
In der Darrenstraße, deren Name sich von der städtischen Darre (Scheune) ableitet und in der noch bis 1815 Tabak getrocknet wurde, befindet sich nahe des Fangelturms ein weiteres Gebäude, welches den Zweiten Weltkrieg überstanden hat. Der neugotische Backsteinbau in der Darrenstraße 15 beherbergt heute den evangelischen Kindergarten „Regenbogenhaus“. Nicht nur das Haus selbst, sondern auch seine Nutzung haben inzwischen über 120 Jahre überdauert und konnten im Jahr 1998 ihr 100-jähriges Bestehen feiern.
Bereits 1846 stellten Pastor Kühne, Kaufmann Hagemann und Stellmachermeister Petschler den Antrag an die Stadt, eine Einrichtung zur Kinderbetreuung einzurichten. Nachdem sich diese dann zunächst ab 1877 in der Großen Wollweberstraße befand, wurde im Jahr 1898 das Gebäude in der Darrenstraße mit 3.000 Mark privaten Spenden von Frau von Bredow und einem Kredit der Ersparnisanstalt in Höhe von 20.000 Mark eigens als „Kleinkinderbewahranstalt“ errichtet. Von nun an besuchten 90 bis 100 Kinder täglich die Einrichtung.
Bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden erste „Kleinkinder-Schulen“ bzw. „Aufbewahrungsanstalten“ dieser Art in Europa eingerichtet. Ein erster „Kindergarten“ wurde 1840 durch den Pädagogen Friedrich Fröbel in Blankenburg in Thüringen eröffnet. Er erkannte die Bedeutung der frühen Kindheit für die Entwicklung und erarbeitete ein pädagogisches Konzept.
Juni 2020 - Vierrademühle, Jahnstraße 3
Der aus Fachwerk- und Backsteinbauten bestehende Gebäudekomplex der Vierrademühle am Unterbach vor dem Treptower Tor ist schon kurz nach der Stadtgründung Neubrandenburgs, erstmals 1271, urkundlich erwähnt. Die acht erhaltenen Gebäude stammen überwiegend aus der Zeit des 18. und 19. Jahrhunderts.
Die Kornmühle steht mit der Stadtgründung im Zusammenhang – so geht die Errichtung auf Bernhard, den Sohn Herbords (von Raven), zurück. Nachdem die Besitzverhältnisse mehrfach wechselten, ging die Mühle im Jahr 1705 an Martin Meincke, der sie an seinen Schwiegersohn Christian Moncke vererbte. Bis 1953 wurde die Vierrademühle nun von der Müllerfamilie bewirtschaftet, danach wurde sie als VEB Mühlenwerke Neubrandenburg ins Volkseigentum der DDR überführt. Noch 1948 wurde die Mühle vollständig durch
Wasserkraft angetrieben und konnte innerhalb von 24 Stunden 25 Tonnen Getreide verarbeiten.
In den Folgejahren wurde immer wieder modernisiert, wobei mit der Umstellung in den späten 1960er Jahren auf den Betrieb mit Fremdstrom sicherlich eine der größten Veränderungen stattfand.
Nach der Wende erfolgte die Rückübertragung der Gebäude an die Familie Moncke, die die Vierrademühle noch bis Ende der 1990er Jahre betrieb. Ein neuer Eigentümer sanierte den Komplex und führte die Gebäude einer neuen Nutzung zu, wobei jedoch leider die bis dahin vorhandene Mühlentechnik verloren ging.
Heute findet man hier eine lebendige Mischung aus Gastronomie, Dienstleistung, Wohnen und Gewerbe.
Juli 2020 - Schauspielhaus, Pfaffenstraße 20/22
Nachdem Adolf Friedrich IV. (1738 – 1794) im Jahr 1775 zur Sommerresidenz erwählte, sorgte der baulustige Herzog in der Stadt nicht allein für den Bau eines fürstlichen Wohnsitzes, sondern auch für ein Schauspielhaus. Die Errichtung des heute erhaltenen spätbarocken Fachwerkbaus mit Mansarddach, einem der ältesten Theaterbauten Mecklenburgs, erfolgte wahrscheinlich 1793/94.
Bereits kurz nach dem Tod Adolf Friedrichs IV. löste dessen Bruder Herzog Carl II. (1741 – 1816) das Hoftheater aus Kostengründen auf, sodass das Schauspielhaus bis 1894 von Wandertruppen bespielt wurde. Der Arzt Dr. Merker richtete hier eine „Heilanstalt für Bewegungskuren“ ein. Den zweiten Weltkrieg überstand das Haus nahezu unbeschadet. In den Folgejahren wurde das Gebäude unterschiedlich genutzt (Vulkanisierungs-Werkstatt, PGH-Modewerkstätten, Freikirchliche Gemeinde, Mopedwerkstatt).
Der bauliche Zustand verschlechterte sich zusehends. Im Vorfeld der Sanierung wurde eine Wiederannä-herung an das ursprünglich barocke Erscheinungsbild des im 19. Jahrhundert teilweise überformten Baus thematisiert. Erhalten bleiben sollte aus städtebaulichen Gründen das kleine Erkertürmchen mit Zeltdach an der Behmenstraße. Diese Haltung änderte sich im Zuge der Sanierung Anfang der 1990er Jahre und der Erker wurde abgerissen. Nach Abschluss der umfangreichen Baumaßnahmen zog hier 1994 das Kammertheater der Stadt Neubrandenburg ein.
August 2020 - Hochhausensemble mit Kaufhalle und Kindereinrichtung - Neustrelitzer Straße
Eintragung in die Denkmalliste: Neustrelitzer Straße, Hochhausensemble mit Kaufhalle und Kindereinrichtung
Die Denkmalliste der Vier-Tore-Stadt Neubrandenburg ist um ein großes Objekt reicher geworden: das Hochhausensemble mit Kaufhalle und Kindereinrichtung an der Neustrelitzer Straße. Entlang der als Magistrale ausgebauten und leicht geschwungen geführten früheren F 96 bzw. Leninstraße reihen sich die vierzehn- und elfgeschossigen Wohnblöcke in WBS-70-Bauweise in abwechslungsreicher Anordnung aneinander. Verlässt man die Stadt in Richtung Süden, blickt man auf die fensterlosen Nordgiebel der Gebäude, die mit insgesamt vier monumentalen Wandbildern aus weißen und roten keramischen Platten aus Meißner Produktion auf roten und grauen Betonplatten von dem Künstler Wolfram Schubert (* 1926) gestaltet wurden. Das zu Beginn der 1980er Jahre unter Federführung von Iris Grund, Günter Gisder, Manfred Hartung und Ingeborg Knipper (Freiflächen) für circa 3.000 Einwohner errichtete Wohngebiet mit nach Westen geöffneten Wohnhöfen und Funktionsunterlagerungen in den Erdgeschossen und dazugehöriger Kita sowie Kaufhalle ist in seinem Gesamteindruck bis heute erhalten geblieben und stellt somit ein authentisches Zeugnis seiner Entstehungszeit dar. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten und Schönheit ist kein denkmalpflegerischer Bewertungsmaßstab, vielmehr geht es jedoch um das dokumentarische Bewahren gesellschaftlicher Erinnerungen in gebauter Form. Eingeschlossen werden davon nicht nur Schlösser, Kirchen und Fachwerkgebäude, sondern auch Objekte, die sich zunächst gegen einen gängigen Schönheitsbegriff sperren oder eine unbequeme Phase unserer Geschichtsschreibung, wie beispielsweise das Dritte Reich, dokumentieren: „[…] Geschichte à la carte, die Geschichte zum Aussuchen […], das kann nicht das Ziel sein. Es ist immer Sache der Denkmalpflege gewesen, dass es bei ihr primär um Geschichte ging und nicht primär um Ästhetik.“ (Norbert Huse) So dokumentieren die Bauten unter anderem auf eindrucksvolle Weise Lebens- und Wohnbedingungen der Neubrandenburgerinnen und Neubrandenburger zu DDR-Zeiten, Realisierung politischer Vorgaben des Wohnungsbaus, bau- und materialtechnische Möglichkeiten, Kunst am Bau und den Städtebau der 1980er Jahre.
September 2020 - Kaufhaus - Kaufhof / Stargarder Straße 19
Eine erste Karstadt-Filiale eröffnete in Neubrandenburg im Jahr 1888 in der Nähe des Treptower Tores und zog 1928 in einen markanten, viergeschossigen Neubau auf der Ostseite des Marktplatzes. Zwar trug der Bau von dem Stadtbrand 1945 ebenfalls Schäden davon, jedoch hat der bis in die frühen 1960er Jahre andauernde Abriss wohl mehr Geld verschlungen, als die Wiederherstellung für ein neues Warenhaus bedurft hätte. Die Unbeliebtheit des „Betonkastens“ wird wohl ein wesentlicher Grund für die Errichtung eines neuen Warenhauses in den Jahren 1957 bis 1960 in direkter Nachbarschaft gewesen sein.
Das dreigeschossige Warenhaus nach Entwürfen von Dietrich Barthel und Hans Steidl (Innengestaltung) mit seinem lichten und zum Marktplatz hin geöffnetem Erdgeschoss und hohem Walmdach kommt ohne übersteigerte historische Gestaltung aus, nimmt jedoch Bezug auf die ursprüngliche Planung des Platzes mit weiteren Arkadengängen. Zunächst befand sich im Erdgeschoss sogar ein Auto-Salon, der jedoch 1967, als das Haus zum Centrum-Warenhaus wurde, einer Lebensmittelhalle wich. 1990 wurde das Kaufhaus kurzzeitig von Karstadt betrieben, ging dann 1991 jedoch an die Kaufhof Warenhaus AG, die das Kaufhaus 1991 mit 5.500 qm Verkaufsfläche wiedereröffnete und in den Folgejahren fortwährend modernisierte. Die aktuelle Entscheidung für die Schließung der Filiale in Neubrandenburg ist neben vielerlei Gründen auch aus denkmalpflegerischer Sicht ein Verlust. Denkmale können langfristig am besten durch eine Nutzung erhalten werden. Deshalb freuen wir uns über die zukünftige Entwicklung.
Oktober 2020 - Große Wollweberstraße 1 - 49 - Straßenzug (mit Ausnahme Nr. 4 - 16 gerade)
Die Große Wollweberstraße war bereits vor der politischen Wende als Ensemble nach dem Denkmalschutzgesetz der DDR geschützt. Per Einigungsvertrag im Jahr 1990 blieb der Großen Wollweberstraße dieser Denkmalschutzstatus auch im vereinten Deutschland erhalten.
Die Große Wollweberstraße ist einer der wenigen Straßenzüge, die die Zerstörung der Neubrandenburger Innenstadt am Ende des Zweiten Weltkrieges nahezu unbeschadet überstanden haben und somit bis heute mit ihren Gebäuden des 18. und 19. Jahrhunderts authentisch Zeugnis über die historische Bebauung Neubrandenburgs in zusammenhängender Weise ablegen. Nicht nur die Gebäude mit straßenseitigen Haupt- und rückseitigen Nebengebäuden, sondern auch die Parzellen sind mit ihren verschiedenen Größen erhalten geblieben und dokumentieren historische Besitzverhältnisse und Sozialstrukturen.
Im Spätmittelalter war die Straße hauptsächlich von Handwerkern, insbesondere von Wollwebern, und Kleinbauern bewohnt, die den 1440 bereits verfüllten Wollwebergraben als Brauchwasser für ihr Gewerbe nutzten.
Daraus erklärt sich auch die bis heute erlebbare verhältnismäßig große Breite der Straße, die zum damaligen Zeitpunkt keine Durchgangsstraße war.
November 2020 - Kino »Filmpalast« (aus der Denkmalliste gestrichen am 12.06.2007) - Stargarder Tor 2
Erste Vorführungen „lebender Photographien“ fanden in Neubrandenburg ab 1899 im Schützenhaus auf dem Wall zwischen heutiger Turmstraße und Neuem Tor und kurze Zeit später auch im Konzerthaus, östlich des Stargarder Tores, statt. 1909 eröffnete im Schützenhaus das erste Lichtspiel-Theater, 1912 ein weiteres in der Pontanusstraße, Ecke Eisenbahnstraße, welches ab 1921 unter dem Namen „Thalia-Theater“ bekannt wurde.
Im Verlauf der 1920er Jahre eroberte der Film die Welt. Die Filmbegeisterung ging auch an Neubrandenburg nicht spurlos vorbei und führte im Jahr 1928 zur Errichtung eines eigenen Kinogebäudes westlich des Stargarder Tores. Zwischen dem Abriss jenes Gebäudes und der feierlichen Eröffnung des Filmpalastes am 19.10.1928 verging gerade einmal ein halbes Jahr. Film- und Vorführtechnik sowie die Einrichtung des Gebäudes genügten den modernsten Ansprüchen, während die Gestaltung der Gebäudehülle in der charakteristischen Formensprache der 1920er Jahre Bezug auf das Stargarder Tor nahm.
Im Oktober 2001 wurde das Kino nach mehr als 70 Jahren Betrieb aus Rentabilitätsgründen geschlossen. Als das Gebäude im Winter 2002 einem Brand zum Opfer fiel, hatten sich bereits neue Eigentümer gefunden, die ursprünglich einen Veranstaltungsort für Live-Musik etablieren wollten. Eine Streichung aus der Denkmalliste ist erst nach dem Abbruch des geschichtsträchtigen Hauses im Jahr 2007 erfolgt.
Dezember 2020 - Kirchenruine - Küssow, Wiesenstraße
Küssow (Ortsteil der Vier-Tore-Stadt Neubrandenburg) wird zum ersten Mal 1170 in der wahrscheinlich gefälschten Stiftungsurkunde des Klosters Broda erwähnt. Die heute noch als Ruine erhaltene Kirche wurde wohl um 1300 als schlichter, rechteckiger Feldsteinbau errichtet. Eine Besonderheit stellen die gänzlich unverzierten Feldsteingiebel der Kirche mit einer imposanten Mauerstärke von etwa 1,25 Meter dar. Backsteine wurden hingegen lediglich in ausgewählten Bereichen, wie den Zwillingsbögen, den Fensterschrägen, der Priesterpforte und den sich noch in Resten andeutenden Giebelfialen verwendet.
Im Zuge der Belagerung Neubrandenburgs durch Tilly im Dreißigjährigen Krieg wurde das Dorf Küssow mitsamt Kirche zerstört. Gottesdienste fanden seit 1636 nicht mehr statt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der desolate bauliche Zustand der Kirche erneut dokumentiert, sodass die Ruine 1885 für 880 Mark von der Kirche auf Abbruch verkauft, jedoch vom Landesherrn erstanden und erhalten wurde.
Seit 1991 ist die Friedensgemeinde in der Oststadt (Neubrandenburg) für die Kirchenruine zuständig, die auch die erneute Sicherung des Objektes im Jahr 1999 initiierte. Zuletzt neigte sich der Westgiebel der Kirche aus
dem Lot. Neben dem Einbau eines Ringankers zur statischen Sicherung wurde die Kirche wieder begehbar gemacht und vom Efeu befreit.